Notfall erkennen beim Hund

Beobachte und beurteile das Allgemeinbefinden deines Hundes, um Notfälle rechtzeitig zu erkennen. Die Fress- und Trinklust, der Kot- und Harnabsatz sowie das Schlaf- und Spielverhalten hilft dir, den Gesundheitszustand deines Hundes einzuschätzen. Bedenke dabei die grossen individuellen Unterschiede von Hund zu Hund, bei denen auch die Rasse und das Alter eine Rolle spielen können.

Bewahre Ruhe, auch wenn sich dein Hund untypisch verhält, apathisch wirkt oder Symptome wie Atemnot, Erbrechen, Durchfall, Blutungen oder Krämpfe zeigt. Folgende Vitalwerte können dir helfen, den Schweregrad der Erkrankung abzuschätzen. Zögere im Zweifel aber nie den Rat deines Tierarztes einzuholen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Körpertemperatur:

Wie: gemessen wird vorsichtig im After des Hundes (einfetten mit z.B. Vaseline).

Normalwerte: 37,5-39 Grad (bei starker Aufregung, Überanstrengung oder hoher Aussentemperatur kann die Körpertemperatur erhöht sein, ohne dass eine Erkrankung vorliegt).

Notfall: spätestens ab 40 Grad sollten Sie Ihren Tierarzt verständigen.

Schleimhäute:

Wie: beurteile das Zahnfleisch an einer wenig pigmentierten Stelle; drücke auf das Zahnfleisch, sollte der weisse Abdruck innerhalb 1-2 Sekunden wieder die
ursprüngliche Farbe annehmen.

Normalwerte: drücke auf das Zahnfleisch, danach sollte der weisse Abdruck innerhalb 1-2 Sekunden wieder die ursprüngliche Farbe annehmen.

Notfall: blasse, bläuliche oder stark rote Schleimhäute

Atmung:

Wie: zähle die Atemfrequenz am Heben und Senken des Rumpfes (nur
aussagekräftig, wenn der Hund nicht hechelt).

Normalwerte: 10-30 Atemzüge pro Minute

Notfall: deutlich verlangsamte oder stark erhöhte Atemfrequenz, angestrengte Atmung, starke Atemgeräusche

Puls und Herzschlag:

Wie: der Herzschlag ist an der linken seitlichen Brustwand fühlbar, der Puls in der Mitte der Oberschenkelinnenseite.

Normalwert: 80 - 120 Schläge pro Minute

Notfall: deutlich verlangsamte oder stark erhöhte Herzfrequenz/Puls

Ein Notfall beim Hund ist immer eine beunruhigende Stresssituation, sowohl für den Hund als auch für den Menschen, bitte bewahre Ruhe.
Eine Hunde-Reiseapotheke mit dem wichtigsten Equipment ist für jeden Hundehalter empfehlenswert. Speicher in deinem Mobiltelefon die Kontaktdaten deines Tierarztes, damit du die Nummer im Falle eines Notfalls nicht suchen musst.

Vorgehen bei einem medizinischen Notfall:

• Informiere bei einem Notfall immer als Erstes deinen Tierarzt. So ist er bei deiner Ankunft vorbereitet, kann schneller handeln und kann dich bei erforderlichen Massnahmen unterstützen.
• Sicherstellung der Atmung: den Hund in Seitenlage bringen. Maulhöhle und Rachen auf Erbrochenes / Fremdkörper kontrollieren, ggf. entfernen, aber VORSICHT: Beissgefahr!
• Blutungen kontrollieren: Kompression oder Abbinden der Blutung. Wunden mit sterilen Wundkompressen abdecken.
• Fachgerechter Transport: In einer Transportkiste oder bei Verletzungen wie Knochenbrüche oder Lähmungen auf einer stabilen Unterlage wie z.B. einem Brett.

Beispiele von Notfällen

Vergiftung (z.B. Rattengift, Xylit, Schokolade, Medikamente…)

Bei Vergiftungsverdacht müssen Temperatur, Schleimhäute, Puls und Pupillengrösse überprüft werden.
Wenn das Gift bekannt ist, können folgende Informationen überlebenswichtig sein:
Was wurde gefressen?
Wie viel wurde gefressen?
Wann wurde die Substanz gefressen?

Hat der Hund ohne dein Wissen eine giftige Substanz aufgenommen, kannst du nur durch sein verändertes Verhalten aufmerksam werden.
Je nach Giftart und -menge können z.B. folgende Symptome auftreten:

• starkes Speicheln
• Erbrechen und/oder Durchfall
• schwankender Gang, Zittern
• Kreislaufversagen

Bitte bringe den Hund nur nach tierärztlicher Anweisung zum Erbrechen (besonders bei ätzenden Lösungen!). Einige Vergiftungen führen erst verzögert zu lebensbedrohlichen Veränderungen, kontaktiere deshalb in jedem Fall Ihren Tierarzt. Häufig sind falsch angewendete Medikamente Ursache für Vergiftungen, halte dich deshalb immer an die verschriebenen Medikamente in der entsprechenden Dosierung.

Hitzschlag:

Hitzschlag ist ein Kreislaufversagen infolge Überhitzung. Besonders gefährdet sind kurzschnäuzige (Brachycephale) Rassen wie z.B. Mops, Französische Bulldogge und Kurzhaarige Rassen. Der Temperaturausgleich durch Hecheln reicht nicht mehr aus. Die Körpertemperatur steigt aufgrund des Hitzestau. Lasse deinen Hund bei Sonnenschein nie im Auto zurück, bereits nach kurzer Zeit droht die lebensgefährliche Überhitzung!

Symptome:

• schnelles hecheln
• rasender Herzschlag
• Mattigkeit
• evtl. Krämpfe, Bewusstlosigkeit

Hund sofort in den Schatten bringen und langsam bei den Pfoten beginnend abkühlen (nasse Tücher, fliessendes Wasser). Niemals das ganze Tier mit Wasser überschütten (drohender Schock).

Magendrehung:

Bei einer Magendrehung bläht sich der Magen auf, drückt gegen das Zwerchfell und behindert das Herz. Durch das Drehen um seine Längsachse werden die Speiseröhre und der Zwölffingerdarm verschlossen. Es besteht akute Lebensgefahr!

Symptome:

• schnelles Aufblähen des Bauches
• Brechversuche ohne Entleerung von Mageninhalt
• Atembeschwerden
• Herz-Kreislauf-Versagen

Bei geringstem Verdacht umgehend den Tierarzt verständigen und den Hund ohne Zeitverlust in die Praxis transportieren. In dieser Notfallsituation ist Schnelligkeit lebensrettend.

Insektenstiche:

Insektenstiche führen nur zu einem Notfall, wenn Ihr Hund allergisch reagiert und/oder ins Maul oder Gesicht gestochen wird. Informiere deinen Tierarzt sofort bei folgenden Symptomen.

• Schwellung insbesondere im Gesicht/Maulhöhle
• starker Speichelfluss
• Atembeschwerden
• Kreislaufversagen
• Erbrechen

Gebärmutterentzündung:

Bei einer unkastrierten Hündin kann es zu einer Gebärmutterentzündung (Pyometra) kommen. Dabei handelt es sich um eine häufige Erkrankung einige Wochen nach der Läufigkeit, bei der sich die Gebärmutter entzündet und mit Eiter füllt.

Symptome:

• Mattigkeit und Fieber
• starker Durst
• Erbrechen
• häufiges Harnabsetzen
• evtl. gelblicher, stinkender Ausfluss aus der Vagina

Teile deinem Tierarzt nicht nur die Symptome mit, sondern erwähne auch, dass die Hündin unkastriert ist!

Autor: Der Artikel wurde von einer Tierärztin und einer Tiermedizinischen Praxisassistentin geschrieben, die zusammen 28 Jahre Erfahrung in der Tiermedizin mitbringen. Als Team haben sie schon viele tierische Notfälle gesehen, behandelt und gerettet.